Stellungnahmen zur Notfallzulassung

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Stellungnahme von Herrn Roland Netter:

Sehr geehrte Damen und Herren,


der OÖ Landesverband für Bienenzucht und die Imker sind gegen den Einsatz des in Österreich u. in der EU verbotenen Pflanzenschutzmittels „Poncho Beta“ (Neonicotinoide Clothianidin). Dieses Mittel wurde mit einer Notfallzulassung für die Beizung von Zuckerrübensaatgut vom Bundesamt für Ernährungssicherheit für die Zeit vom 01.02.2021 bis 31.05.2021 zugelassen. Diese Anwendungen der verbotenen Neonicotinoide in einer Notfallzulassung sind aus unserer Sicht rechtswidrig. Pflanzenschutzmittel sind verboten, wenn sie in einer nicht erlaubten Form in Verkehr gebracht werden (Art 53 der VO EG 1107/2009). Vorbeugende Behandlungen sind nicht im Sinne der VO. Ausnahmen von einem auf Unionsebene beschlossenen Verbots sind nur auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Bewertungen möglich. Keine dieser Voraussetzungen sind erfüllt. Wie die Untersuchungen der AGES 2019-2020 zeigten, sind die Neonic-Beizstaubbelastungen durch den Zuckerrübenanbau geringer als bei den ehemaligen, jetzt verbotenen Neonicotinoiden beim Maisanbau. Auswirkungen auf das Bodenleben, der Guttation u. die Einflüsse auf das Oberflächen- u. Grundwasser (Lysimeter) wurden nicht untersucht. Untersuchungen der längerfristigen Boden-Rückstände u. die Belastungen der Folgeblühpflanzen (Pollen, Nektar), speziell auf schweren Böden waren ebenfalls nicht in die Untersuchungen eingebunden. Laut EU-Gesetz Nr.1107/2009 dürfen die Halbwertszeiten bei Pestiziden nicht über 120 Tage liegen. In einer Studie von Dave Goulson - Universität von Stirling 2013 wurde festgestellt, dass die HWZ-Vorgaben bis um das 11,5-fache bei Clothianidin überschritten wurden. Eine Neuzulassung (Notfallzulassung) dürfte aufgrund der angeführten Punkte nicht erfolgen.


Es wurden zwar Blühpflanzen nach Zuckerrüben als Folgekultur im ersten Jahr verboten, diese Maßnahme ist jedoch aufgrund der HWZ keinesfalls ausreichend.


Wie sich 2018 zeigte, war ein massiver Befall der Rübenrüssler bei Zuckerrüben mit erheblicher Schadwirkung (Totalausfälle), trotz des verbotenen Neonicotinoideinsatzes zu verzeichnen. Das Spitzsteißigen Rüben- u. Derbrüssleraufkommen wird als Argumentation für diese Notverordnung angeführt u. ist als Begründung unzulässig, da das Käferabsterben erst nach hohen Fraß-Mengen erfolgt u. eine Schädigung durch den Einsatz der Neonicotinoide nicht verhindert wird.
Bei meinen Völkern sind auf jeden Fall durch Neonics-Einsätze Honig-Ertragsverluste im April / Mai von 36% nachzuweisen (Erhebung 2003-2014). Völkerverluste waren von 1999 bis 2008 keine feststellbar, ab den Neonicotinoideinsätzen 2009 bis 2021 sind jährlich durchschnittlich 32% der Bienenvölker verloren gegangen und das trotz der fast durchgehenden Begleituntersuchungen der AGES u. der UNI Graz.


Die neuen Untersuchungsergebnisse der AGES „Bienenmonitoring Zuckerrübe“ vorgestellt von Dr. Mayer in Linz u. die daraus ersichtlichen nicht zuckerrübenbezogenen PSM-Belastungen, sowie die INSIGNIA-Ergebnisse der UNI Graz belegen, dass die Sorgfaltspflicht u. auch die Überwachungen der Auflagen bei den PSM-Anwendungen mangelhaft sind. Es gibt keine Kontrollen u. Überprüfungen über sachgemäße Anwendungen u. Fehlverhalten werden nicht geahndet. Bei PSM-Schäden müsste eine Beweislastumkehr zur Diskussion gestellt werden, da Nachweise von akuten u. subletalen PSM-Schäden an Bienenvölkern von Imkern ohne kostenintensive Laboruntersuchungen die Feststellungen der Schadensverursacher in der heutigen Form nicht möglich sind. Erhebungen gegen die vermutlichen PSM-Anwender werden aus Datenschutzgründen (AMA-Daten) erschwert bzw. verhindert u. die Vergiftungsfälle verlaufen im Sand. Völkerverluste durch subletale Effekte, die erheblich zeitverzögert auftreten, sind ohne laufende Begleituntersuchungen nicht nachweisbar. Die pausenlose Argumentation der Landwirtschaftsvertreter u. der EU, dass 7% Bienenverluste durch PSM-Einsätze vertretbar sind, müsste eigentlich aufgrund der landwirtschaftlichen Gepflogenheiten, bei Einsatz solcher PSM, Entschädigungszahlungen dieser Größenordnung durch den Anwender zur Folge haben. Über Ernteverluste von -36,3% bei Honig, (Erhebungen von 2003-2014) bei meinen Völkern, die vor allem durch Systemgift- u. Fungizideinsätze, die in landw. intensiv genutzten Gebieten nachweisbar sind, herrscht großes Schweigen.


Wenn man als Imker laufend mit PSM-Schäden bei den Bienenvölkern konfrontiert ist u. die Spritzmittelanwendungen im Umfeld beobachtet, fragt man sich, wie die Berechtigungsscheine vergeben werden. Ein Lehrberechtigter für den Sachkundenachweis bestätigt mir, dass die Lern-Bereitschaft zu kritisieren ist u. die Einhaltungen der Vorgaben mangelhaft sind. Auswirkungen von PSM-Fehlanwendungen u. ihre Schadwirkungen, sowie deren Folgeschäden werden nicht kontrolliert u. geahndet Die Verwendung von nicht zugelassenen PSM u. Tankmischungen (Konzentrationen?), die unsachgemäße Entsorgung der Reinigungs- u. Restbestände u., Abdrift durch Wind u. Abschwemmungen durch Wetter, Anwendung zur falschen Zeit usw. spielen anscheinend keine Rolle. Mir ist kein Berechtigungsscheinentzug trotz zahlreicher Missachtungen von Auflagen u. Fehlanwendungen bis dato bekannt. Die Einhaltung von Fruchtfolgen (min 5-6 Jahre), eine angepasste Sortenwahl und Standortwahl, auch die Beachtung der Nachbarkulturen u. deren Fruchtfolgen (keine Schädlingsübertragungen), die Stärkung der Bodengesundheit u. Ackerhygiene, sowie mechanische Bodenbearbeitung und Unkrautbekämpfung können sogar eine pestizidfreie Rübenernte ermöglichen (siehe Bio-Zucker).

Diese Zusammenfassung erfolgte aufgrund meiner am Anfang erfolgreichen und dann leidvollen Erfahrungen in meiner 23-jährigen Imkertätigkeit u. der 18 jahrlangen Teilnahmen an Bienen-Forschungsprojekten.


Mit freundlichen Grüßen
Roland Netter

Stellungnahme Konrad Sauerschnig:

Sehr geehrte Damen und Herren,


den Ausführungen von Herrn Roland Netter und der Informationspflicht laut Dr. Büsser folgend, sollten wir dieser doch folgen, mit der beigefügten Information, dass man Clothianidin bereits im Grundwasser findet.

Dies aber nur möglich ist, wenn, entweder Anwendungsvorschriften nicht eingehalten, oder, die angegebenen Halbwertszeiten nicht richtig sind. Dies und die gesetzlichen Bestimmungen der EU, führt Herr Roland Netter ausführlich in seinem Schreiben an uns an.

Beim Protokoll (Runder Tisch) wurde bei Punkt 4. Diskussion zwar mein Einwand des bedenklichen Einflusses der Neonic`s auf Bienen angeführt, aber nicht, meine Information darüber, dass es bereits in 3 Messbrunnen in OÖ gefunden wurde.Dies wurde ohne merkliche Reaktion der Teilnehmer hingenommen!

Nachstehend die erwähnten Messbrunnen:

 

GZÜV-ID Gemeindename Parameter ID Parameter Name Q2 2019
(B920)
Q3 2019
(B930)
Q4 2019
(B940)
Q2 2020
(C020)
PG41008022 Hofkirchen im Traunkreis G385 Clothianidin bzw.
Thiamethoxam-Metabolit CGA 322704 μg/l
<0,03 [0,015] [0,015] [0,015]
PG41513012 Rohr im Kremstal G385 Clothianidin bzw.
Thiamethoxam-Metabolit CGA 322704 μg/l
<0,03 <0,03 <0,03 [0,015]
PG41521022 Wolfern G385 Clothianidin bzw.
Thiamethoxam-Metabolit CGA 322704 μg/l
0,041 0,035 0,037 0,048

 


Mit der Bitte um Kenntnisnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Konrad Sauerschnig

 

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